Expertengespräch mit André Hofmann
Herr Hofmann, vom 24. bis 26. Oktober findet die BIO-Europe das erste Mal in Leipzig statt. Was bedeutet das für Sie?
Dass die BIO-Europe im Oktober nach Leipzig kommt, ist großartig. Es ist ein klares Zeichen, dass Leipzig damit offiziell in der Champions League der europäischen Biotechnologie-Standorte angekommen ist. Wir spielen nun auf Augenhöhe mit München, Hamburg und Stockholm. Das ist ein kaum zu überschätzender Erfolg und freut mich auch persönlich, weil ich seit gut zwölf Jahren mit dem Veranstalter im Austausch stehe, um ihn davon zu überzeugen, die BIO-Europe nach Leipzig zu holen. Jetzt haben wir es endlich geschafft.Welchen Stellenwert hat die BIO-Europe in der Branche?
Man kann klar sagen, dass es die wichtigste Veranstaltung in Europa im Bereich Biotech ist. Hier kommen Unternehmen und Menschen aus dem ganzen Kontinent zusammen, aber auch viele aus den USA, Asien und der ganzen Welt. Das Spektrum der teilnehmenden Unternehmen ist dabei sehr breit – vom kleinen Startup mit fünf bis sechs Leuten bis hin zum internationalen Konzern ist alles vertreten. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind Führungskräfte, Teil der Geschäftsführung, Business-Developer oder Scouts, die nach neuen Produkten und Innovationen suchen. Es ist schon weltweit eine der Top-Konferenzen, die wir da nach Leipzig geholt haben.Wie konnte die Stadt den Veranstalter überzeugen, dass die BIO-Europe 2022 in Leipzig stattfindet?
Man muss hier ganz klar sagen, dass der Erfolg nicht über Nacht kam. Sachsen und Leipzig haben seit Jahrzehnten hart daran gearbeitet. Das Fundament wurde schon im Jahr 2000 mit der Biotechnologie-Offensive Sachsen gelegt. 200 Millionen Euro hatte der Freistaat in die Hand genommen, um den Bereich Life Science in Dresden und Leipzig auszubauen. Daraus entstanden das Biotechnologische Zentrum der TU Dresden (BIOTEC) mit sechs Professuren sowie die inzwischen unglaublich erfolgreiche BIO CITY LEIPZIG. Über die Jahre konnte sich Leipzig einfach als wirtschaftlich erfolgreiche Stadt in diesem Bereich weiterentwickeln, was für eine Business-Konferenz wie die BIO-Europe natürlich wichtig ist. Es war also klar, dass Leipzig gegenüber Dresden einige Vorteile hat. Im Endeffekt spielten noch weitere Aspekte eine Rolle, etwa Leipzigs gute Verkehrsanbindung per Flugzeug und Bahn. Und unsere Messe ist technisch einfach state-of-the-art und bietet die entsprechenden Kapazitäten für eine Veranstaltung mit diesem Ausmaß.Wie bewerten Sie generell die Entwicklungen in Leipzig im Bereich Gesundheitswirtschaft und Biotechnologie?
In Sachsen haben wir eine Ballung des Bereichs in Dresden und Leipzig. Während sich Dresden als Forschungsstandort etabliert, hat sich Leipzig stärker zur Businesslocation gewandelt. Die Stadt hat es geschafft, den Transfer von Wissen in die Wirtschaft besser umzusetzen. Das spürt man auch in der Stadt: Leipzig ist im Bereich Biotechnologie sehr agil und dynamisch und von schnellem Wachstum geprägt. Das erkennen wir auch an unserem eigenen Wachstum bei biosaxony: 2009 sind wir mit 22 Mitgliedern gestartet, heute kümmern wir uns um die Interessen von 140 Mitgliedsunternehmen. Was Leipzig aus meiner Sicht so interessant macht, ist die Tatsache, dass wir und die Stadt uns um jede Anfrage kümmern – egal, wie groß oder klein das Unternehmen ist. Und die Liste an Anfragen ist wirklich sehr lang.Was tut biosaxony, um den Standort weiter attraktiv zu machen?
Zunächst einmal sind wir der gesamtsächsische Verband für Biotechnologie, Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft. Das heißt, wir vertreten die Interessen unserer Mitglieder in der Politik und Öffentlichkeit. Dazu gehört unter anderem das Netzwerken untereinander, aber auch mit internationalen Partnern auf Veranstaltungen wie die BIO-Europe. Wir kümmern uns aber ebenso um die Belange unserer Mitglieder, etwa wenn sie auf der Suche nach speziellen Materialien oder Fachkräften sind. Gerade Fachkräfte sind ein sehr wichtiger Bereich. Wir sind hier zertifizierter Bildungsträger und schauen, wie wir gegebenenfalls kommende Engpässe kompensieren können. Ein anderes Beispiel für unsere Aktivitäten ist die Medical Forge Leipzig. Bei diesem Accelerator geht es darum, Unternehmen bei der letzten Meile in den Markteintritt zu begleiten. Denn der deutsche Gesundheitsmarkt ist sehr komplex und ein Eintritt schwierig. Dabei wollen wir lokale und internationale Unternehmen unterstützen in dem wir bei der Produktzulassung, der Erstattung und der Implementierung in die Gesundheitsversorgung unterstützen.Was wünschen Sie sich im Bereich Gesundheitswirtschaft / Biotechnologie für die Zukunft Leipzigs?
Als Zwischenfazit kann ich festhalten: Wir sind verdammt gut mit dem, was wir aufgebaut und erreicht haben. Das Land Sachsen hat stark in die Wissenschaft und in den Bereich investiert. Wir haben eine unglaubliche wissenschaftliche Basis und sehen, dass unsere Unternehmen in die Erfolgszone kommen. Solche Effekte sieht man erst später, denn im Life-Science-Bereich erstrecken sich die Produktentwicklungszeiten üblicherweise über 15 bis 20 Jahre. Wir merken jetzt aber verstärkt, dass es noch Unterstützungsplattformen braucht, um den Eintritt in den Markt zu beschleunigen. Medical Forge Leipzig ist dazu ein guter Start – sie hat sogar schon erste Ansiedlungen aus dem Ausland bewirkt. Wir brauchen aber noch zusätzliche Trittsteine auf dem Weg zum Erfolg. Daran können sich Unternehmen entlanghangeln, um erfolgreich zu sein. Dazu haben wir ein Konzept geschrieben, wie wir uns das vorstellen. Und Leipzig ist einer der wenigen Standorte, der begriffen hat, was da für Chancen liegen, wenn man so etwas aufbaut und unterstützt. Das ist unsere gemeinsame Vision für die kommenden Jahre. Wir sind auf einem guten Weg.Sehr geehrter Herr Hofmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.